Der Rechtsruck in den westlichen Demokratien: „Wir sind das Volk!“ im Krisenmodus

Diskussionsveranstaltung des AK Gegenargumente
Mittwoch, 07.12.2016, 19:00 Uhr
Vortrag und Diskussion
Referent: Eingeladen ist ein Redakteur des Gegenstandpunktverlags
Der Rechtsruck in den westlichen Demokratien: „Wir sind das Volk!“ im Krisenmodus
„Wir sind das Volk!“ – Dieser Ruf gilt seit zweieinhalb Jahrzehnten als größte anzunehmende Aufmüpfigkeit und Anspruchshaltung eines Volkes gegenüber seiner Herrschaft, ohne die es peinlicherweise noch nicht einmal wüsste, wem es diese Tatsache mitteilen sollte. Woher kommt das?
„Wir sind das Volk!“ – In diesem empörten Aufschrei darf jede Unzufriedenheit mit jeder der sozialen Scheißlagen mitgedacht werden, von denen das Volk so viele – und in Krisenzeiten immer mehr – auszuhalten hat, und gleichzeitig wird keine einzige davon in dieser Parole benannt. Wie geht das?
„Wir sind das Volk!“ – Diese stolze Selbstbezichtigung zielt so selbstverständlich, dass es nicht einmal dazu gesagt werden muss, vor allem darauf ab klarzustellen, dass andere nicht zu diesem feinen Kollektiv gehören. Dass denen also diejenigen Privilegien zu entziehen sind, von denen die Rufer aus irgendeinem Grunde der Meinung sind, sie seien mit der Zugehörigkeit zum Volk – zumindest eigentlich – verbunden. Wie kommen sie darauf?
„Wir sind das Volk!“ – Wo dieser Ruf ertönt, auch das weiß inzwischen jeder, da wird die rücksichtslose staatliche Gewalt gefordert oder die private angekündigt, mit der allein die Ausgrenzung der nicht zum Volk Gehörigen durchzusetzen ist, die ein Volk beansprucht, damit es sich als dieses gewürdigt und seine Identität gewahrt weiß. Warum?
„Ihr seid das Volk!“ – So antworten die rechten Anwärter auf die Macht im Land und präsentieren sich als die Führer, die das gute Volk verdient. Sie versprechen, dass sie den „Bedürfnissen des kleinen Mannes“ nicht zuletzt dadurch Rechnung tragen wollen, dass sie die weltwirtschaftliche und weltpolitische Konkurrenz mit anderen Nationen mit neuer Kompromisslosigkeit führen und „uns“ aus allen schädlichen und schändlichen Abhängigkeiten befreien werden. Was hat das Eine mit dem Anderen zu tun?
Und wer stellt sich gegen den Vormarsch der rechten und rechtsextremen Parteien, die allesamt im Namen des einfachen, ehrlichen, echten Volkes auftreten und die Macht beanspruchen? Eine Front von der Mitte bis ganz nach Links. Deren Vertreter halten den Status des Volkes, also der Masse derer, die ihr Leben als Konkurrenzkampf um ein mehrheitlich ärmliches Auskommen in Abhängigkeit von fremden Kalkulationen und von staatlicher Betreuung fristen, ebenfalls als höchsten Ehren- und Anspruchstitel hoch. Sie kombinieren ihre Verachtung gegenüber den Rechten mit viel Verständnis fürs Volk, das denen nachläuft. Und sie werben für sich mit Parolen und Programmen in Sachen Krisenbewältigung, Ausländer und Ausland, denen der Unterschied zu denen der demokratisch exkommunizierten Rechten mitunter nur sehr schwer anzusehen ist. ‚Rutschen‘ sie unversehens nach rechts, auf der Jagd nach Wählerstimmen? Oder passt das irgendwie zu der marktwirtschaftlich-demokratisch-weltpolitischen Räson, die sie ganz ohne rechte Opposition verfolgen?
Im EineWeltHaus München, Schwanthalerstr. 80 RGB, U-Bahn Haltestelle Theresienwiese (U4/U5), Großer Saal E01 (Erdgeschoß)