Interview mit dem Ausstellungsveranstalter Wolfram Kastner vom Institut für Kunst und Forschung
Im Fürstbistum Eichstätt wurden zwischen 1411 und 1637 mehr als 400 Menschen, zumeist Frauen, wegen „Hexerey“ gefoltert und hingerichtet, allein von 1617 bis 1630 sind 274 Hinrichtungen belegt. An kaum einem anderen Ort im „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“ kamen mehr Menschen im Zuge der sogenannten „Hexenverfolgung“ zu Tode. Die Ausstellung „Wegen Hexerey! Gefangen – Gefoltert – Verbrannt“, die vom 25. August bis zum 15. September 2017 in der ehemaligen Johanniskirche am Domplatz 8 in Eichstätt zu sehen ist, zeigt Dokumente, Transkripte und historische Bilder der Verfolgung, der Marter, der Beraubung und der Justizmorde im Fürstbistum sowie Kunstwerke zum Thema von Wolfram Kastner und Hannes Kinau (Bild „HexenBrand“ von Wolfram Kastner).
Die Motive der Täter waren religiöser Wahn, Sadismus, Macht- und Habgier. Exemplarisch veranschaulichen 45 Bild- und Texttafeln den Fall und das Leiden der zwölfmal gefolterten und „von Rechts wegen“ verbrannten Bürgermeisterin Ursula Bonschab. „In Eichstätt wurden insbesondere vermögende Frauen und Männer als Hexen und Zauberer verfolgt und hingerichtet. Die Besitztümer und das Geld der Ermordeten hat sich die Kirche einverleibt und bis heute behalten. Für eine Rehabilitierung der ermordeten Menschen fühlen sich weder das Bistum noch die Stadt Eichstätt zuständig,“ kritisiert Ausstellungsveranstalter Wolfram Kastner vom Institut für Kunst und Forschung.[display_podcast]
Besonders hervorgetan bei der Menschenjagd hat sich Fürstbischof Johann Christoph von Westerstetten (Bild „Westerstetten“ von Wolfram Kastner), dem von 1617-1630 mindestens 274 Hinrichtungen anzulasten sind, wie die Nürnberger Historikerin Birke Grießhammer nachwies. „Dass dem Massenmörder Westerstetten überhaupt im Eichstätter Domkreuzgang gedacht wird, halten wir für einen Skandal und ein Armutszeugnis für das Bistum. Dort müssen umgehend Hinweise angebracht werden, die seine Verbrechen klar und deutlich nennen,“ fordert der Vorstand des Bundes für Geistesfreiheit München (bfg), der die Ausstellung finanziell unterstützt.
Wolfram Kastner und der Autor Claus-Peter Lieckfeld, Mitveranstalter der Ausstellung, verlangen vom Bistum ein ehrliches Schuldbekenntnis sowie die Rehabilitierung und Würdigung der Opfer. „Wir rufen den Oberbürgermeister und die Stadträte von Eichstätt, die Bürgerinnen und Bürger, den Bischof und die Gemeindemitglieder auf, dem Beispiel von Köln, Bad Homburg, Detmold, Lemgo, Osnabrück, Suhl u.a. zu folgen und jedes einzelne Opfer moralisch, theologisch und rechtlich zu rehabilitieren,“ sagt Wolfram Kastner.
Claus-Peter Lieckfeld ergänzt: „Auch eine angemessene Würdigung der Opfer ist längst überfällig. Wir fordern, dass in Eichstätt ein Denkmal mit den Namen der zu Rehabilitierenden errichtet wird, dass im Rathaus, im Dom und an den Wohnorten der Verurteilten Gedenktafeln angebracht und dass in Eichstätt Straßen nach den Ermordeten benannt werden.“
Die Ausstellung in der ehemaligen Johanniskirche am Domplatz 8 in Eichstätt ist von 26. August bis 15. September von 11-18 Uhr geöffnet. Der Auftakt ist am Freitag, den 25. August, um 19 Uhr.
Bild: „Hasensprünge“ von Wolfram Kastner