Soliaufruf vom Münchner Bündnis gegen die „Siko“

Aufruf zur Solidarität:
Kommt alle zum Prozess am 26. August 2010 gegen einen Aktivisten des Bündnisses gegen die Nato-„Sicherheitskonferenz“

„Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!““
Im Jahr 2009 gab es in München und Mittenwald viele politische Protestaktionen gegen Militarismus, Neonazis, Faschismus und Rassismus. Ob die Demonstrationen und Protestaktionen gegen das öffentliche Bundeswehr-Gelöbnis am Marienplatz, die Münchner SIKO und ihren Chef Wolfgang Ischinger, gegen den Rassismus staatlicher Behörden gegen Flüchtlinge und MigrantInnen, gegen alte und neue Nazis sowie das Treffen früherer NS-Kriegsverbrecher und der Bundeswehr in Mittenwald. Jetzt soll ein Aktivist stellvertretend für einige unserer gemeinsamen Aktionen verurteilt werden. Dazu sagen wir klar und deutlich: Der Versuch, legitimen Protest zu kriminalisieren, trifft zunächst vielleicht nur einzelne, meint aber uns alle!
Der betroffene Aktivist ist seit vielen Jahren politisch aktiv und gehört zu den Gründungsmitgliedern des Bündnisses gegen die Nato-Sicherheitskonferenz im Jahr 2001. Er wurde bereits 2002 als offizieller Pressesprecher unseres Bündnisses gemeinsam mit Claus Schreer in Unterbindungsgewahrsam genommen. Schon damals haben wir uns von solchen Repressionsmethoden nicht einschüchtern lassen und gemeinsam das Demonstrationsverbot durchbrochen. Wir begreifen diesen Prozess erneut als Angriff auf unser breites Bündnis und sagen deutlich : Wir lassen uns nicht einschüchtern!
Kommt alle zur Solidaritäts-Kundgebung am Donnerstag, 26. August 2010, um 12.30 Uhr vor dem Amtsgericht München!
Es sprechen:
Zum Widerstand gegen Militarisierung, Gelöbnisse und Krieg:
Martin Löwenberg, Widerstandskämpfer und Überlebender des KZ Flossenbürg und der KZ-Außenlager Thiel und Leitmeritz sowie Mitglied im Landesvorstand der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BDA)
Zur Normalität rassistischen Kontrollen gegen Flüchtlinge und MigrantInnen:
N.N., Eine Vertreterin der Karawane München und des Bayerischen Flüchtlingsrates
Zur Bedeutung und Funktion der Siko unter Leitung von Chefdiplomat Wolfgang Ischinger:
Claus Schreer, Bündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz
Zu den Protesten gegen Nazis und das Kriegsverbrechertreffen in Mittenwald:
N.N., AK Angreifbare Traditionspflege und Antifa NT
Solidarität mit E.! Einstellung aller Verfahren!
Der erste Prozesstag gegen E. findet ebenfalls am Donnerstag, 26. August 2010, um 13.30 Uhr im Münchner Amtsgericht, Nymphenburger Straße 16 statt
Worum geht es bei dem Prozess? E. ist wegen vier verschiedener Vorwürfe im Zusammenhang mit politischen Protesten und Aktionen gegen Militarismus, Faschismus und Rassismus im Laufe des Jahres 2009 angeklagt.
Konkret geht es um:
1. Protest gegen das NS-Kriegsverbrecher-Pfingstreffen der Gebirgsjäger in Mittenwald.
Vorwurf: „Gefährliche Körperverletzung“ mit einem Plastikstuhl an einem Mittenwalder Dorfnazi, nach eigener Aussage Mitglied der NPD.
2. Protest gegen einen Auftritt des Organisators der NATO-Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, im EineWeltHaus.
Vorwurf: Körperverletzung an Ischinger sowie Verstoß gegen das Versammlungsgesetz durch Störung einer Versammlung.
3. Protest gegen das öffentliche Rekrutengelöbnis der Bundeswehr am Marienplatz.
Vorwurf: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bei der Festnahme.
4. Anti-Lager-Aktionstage des Netzwerks „Deutschland Lagerland“.
Vorwurf: Beamtenbeleidigung, da er einem Polizisten wegen der Festnahme eines Flüchtlings aufgrund von Verstoß gegen die „Residenzpflicht“-Landkreisbeschränkung die Durchführung von „rassistischen Maßnahmen“ vorgehalten haben soll.
sa2Die Haltlosigkeit der Vorwürfe lässt sich schon am Beispiel der Veranstaltung mit Wolfgang Ischinger belegen: Weder trifft der Vorwurf der Körperverletzung gegen Ischinger zu, noch wurde das Versammlungsgesetz verletzt: Veranstalter und Vorstand des EineWeltHauses haben als Inhaber des Hausrechts gehandelt und keine Anzeige gegen irgendjemanden erstattet.
Dieser Prozess ist seitens der Polizei und der Staatsanwaltschaft der Versuch einer Generalabrechnung mit der Betätigung eines Aktivisten der Münchner Linken.
Betroffen ist in diesem Falle einer von uns, treffen kann es jede und jeden, die/der gegen die herrschenden Zustände das Maul aufmacht. Wir werden uns durch diese Maßnahmen aber nicht einschüchtern lassen.

  • Wir werden nicht nachlassen im Kampf gegen Krieg und Militarismus und gegen Kriegskonferenzen, die sich als „Sicherheitskonferenzen“ tarnen.
  • Wir werden nicht nachlassen im Kampf gegen Rassismus und neonazistisches Treiben, wo immer es auftaucht.
  • Wir werden nicht nachlassen im Kampf gegen die menschenverachtenden Maßnahmen, die sich gegen Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten richten.

Wir fordern alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, uns in diesem Kampf zu unterstützen.
Dazu rufen auf:
Bündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz,
Bayerischer Flüchtlingsrat,
Karawane für die Rechte von Flüchtlingen, Migranten und Migrantinnen,
Interventionistische Linke (IL) München,
Arbeitskreis Internationalismus (aki),
SDAJ München,
Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus
Weitere UnterstützerInnen werden dringend gesucht!

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Hintergrundinfo zum Prozess gegen E. vom Bündnis gegen die Nato-„Sicherheitskonferenz“:

Schrecklicher Verdacht: Lügt Ischinger?
Am 3. Juli 2009 sah sich Siko-Organisator Wolfgang Ischinger, der von attac München zu einer Podiumsdiskussion eingeladen worden war, vor dem EineWeltHaus in München mit lautstarkem Protest konfrontiert: „Kein Dialog mit Kriegstreibern!“ stand auf einem Transparent, während die Veranstalter sich von der Diskussion mit dem Siko-Chef die Entlarvung der deutschen Kriegspolitik versprachen. Keine Frage: Der Abend war lebhaft – wie es nun einmal oft ist, wenn es um politische Fragen von Leben und Tod vieler Millionen Menschen weltweit geht. Und der richtige Umgang mit den Verantwortlichen für Angriffskriege, Folter und die Militarisierung der deutschen Innen- und Außenpolitik beschäftigt unser Bündnis auch in Zukunft – wie sollte es auch anders sein: Wer, wenn nicht die GegnerInnen der Münchner Sicherheitskonferenz haben zum Beispiel bereits 2002 den Krieg in Afghanistan als Krieg bezeichnet und klar gemacht, dass dieser Krieg weder zu gewinnen ist, noch von den USA oder Deutschland um die Befreiung von Frauen oder ein besseres Leben für alle Menschen geführt wird. Bis heute sterben täglich Zivilisten, bis heute finanzieren die Nato-Staaten korrupte Partner in Kabul.
Wir sagen ganz deutlich: Auch wenn wir uns nicht immer politisch einig sein mögen. Den Versuch, mit absurden Konstruktionen einen Aktivisten unseres Bündnisses zu verurteilen, kann an der berechtigten Kritik und an der Notwendigkeit von Widerstand gegen die herrschende Kriegspolitik der deutschen Regierung und der Siko-Kriegskonferenz, auf der Militärs, Politiker und Konzernmanager ihre gemeinsamen geostrategischen und geschäftlichen Interessen abstimmen, nichts ändern.
Zu den Fakten:
Die Veranstaltung am 3. Juli wurde schließlich von den Veranstaltern abgebrochen, nachdem Herr Ischinger nicht zu Wort kommen konnte. Auf „sueddeutsche.de“ vom 4. Juli 2009 schrieb die SZ-Redakteurin Monika Maier-Albang, die noch vor Ort mit Herrn Ischinger gesprochen hatte, ebenso wie in der Printausgabe Nr. 151/2009 wörtlich: „(…) Ischinger selbst wurde aber nicht angegriffen. (…)“
Die Haltlosigkeit der Vorwürfe lässt sich schon am Beispiel der Veranstaltung mit Wolfgang Ischinger belegen: Weder trifft der Vorwurf der Körperverletzung gegen Ischinger zu noch wurde das Versammlungsgesetz verletzt: Veranstalter und Vorstand des EineWeltHauses haben als Inhaber des Hausrechts gehandelt und keine Anzeige gegen irgendjemanden gestellt. Anderes zu behaupten ist Unterstellung oder Lüge. Warum mischt sich also der Staat überhaupt ungefragt ein? Dieser Prozess ist also seitens der Polizei und der Staatsanwaltschaft der Versuch einer Generalabrechnung mit der Betätigung eines Aktivisten der Münchner Linken.
Mit keinem Wort erwähnte Chefdiplomat Ischinger auch auf Nachfrage und in Gesprächen am Abend der abgebrochenen Veranstaltung gegenüber Veranstaltern und Medienvertretern, er sei körperlich attackiert bzw. geschlagen worden. Auch eine Anzeige wollte er auf Nachfrage nicht stellen. Das sollte sich einige Tage später und nach Gesprächen mit dem Münchner Staatsschutz offensichtlich ändern. Da drängt sich doch die Frage auf: Lügt Ischinger?
sa1Seit 2001 hat der Münchner Staatsschutz keine Gelegenheit ausgelassen – und sei sie noch so fadenscheinig und politisch motiviert –, zu versuchen, VertreterInnen des Münchner Bündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz und TeilnehmerInnen der antimilitaristischen Demonstrationen gegen die Siko mit Verfahren, Repression oder brutaler Polizeigewalt einzuschüchtern, zu kriminalisieren oder zu spalten.
Erinnert sei hier zum Beispiel an die Massenfestnahmen von Demonstranten im Jahr 2006 wegen der Parole „Rumsfeld, Massenmörder!“ Auch die dafür durchgeführten Prügeleinsätze des USK endeten in einer schallenden Ohrfeige für die Münchner Polizei: Es kam zu keiner einzigen Verurteilung! Verantwortliche für Krieg, Folter und Mord werden wir auch weiterhin als solche bezeichnen.
Wir sagen ganz deutlich: Wir lassen uns weder spalten noch einschüchtern. Damals nicht und heute nicht. Protest und Widerstand lässt sich vielleicht verbieten, aber auf keinen Fall verhindern!
Auch die anderen Vorwürfe gegen E. sind politisch motiviert:
Zum Beispiel für seinen Protest bei den Anti-Lager-Aktionstagen des Netzwerks „Deutschland Lagerland“ lautet der Vorwurf auf Beamtenbeleidigung: Die Kritik einer schikanösen Festnahme eines Flüchtlings aufgrund eines angeblichen Verstoßes gegen die unmenschliche „Residenzpflicht“-Landkreisbeschränkung als Durchführung von „rassistischen Maßnahmen“ ist eine legitime Meinungsäußerung. Der Versuch diese legitime Kritik an staatlichem Handeln als „Beamtenbeleidigung“ zu kriminalisieren, ist absurd. Und beim Protest gegen das öffentliche Rekrutengelöbnis der Bundeswehr am Marienplatz wurde E. von Militaristen angegriffen und dafür von der Polizei festgenommen: Verkehrte Welt?

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Mehr Informationen

Beitrag auf indymedia am 7. August 2010
Beitrag auf bikepunk089 am 12. August 2010
Solidaritäts-Aufruf mit Angaben zum Spendenkonto für die Prozesskosten als PDF-Datei