Der Sargnagel wird gezogen, Deutschland will wieder anständig werden.
Verteidigungsminister Guttenberg hat wegen der anhaltenden Kritik an der Plagiats-Affäre heute Vormittag gegen 11:15 Uhr vor der Hauptstadtpresse den Rücktritt von allen politischen Ämtern erklärt. Offen blieb bis zum Nachmittag, ob dies auch sein Bundestagsmandat umfasst. Zuletzt hielt außer der Springer-Presse nur noch die CSU, wenn auch verhaltener als in den Tagen zuvor, am Freiherrn in Treue fest.
Zur Begründung führte der Liebling der Yellow Press aus dem Schloss an, er sei an seinen eigenen Ansprüchen gescheitert. „Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht.“ Zudem hätte ihm die Konzentration der Berichterstattung auf seine Person nicht mehr erlaubt, das Amt des Verteidigungsministers ordnungsgemäß auszuüben. Zum Zeitpunkt seines Rücktritts sagte der Freiherr, er hätte ein „halbwegs geordnetes“ Haus hinterlassen wollen.
Die Bundeskanzlerin und der Bundespräsident wurden von Guttenberg vorab informiert.
In ersten Reaktionen zeigten sich führende Vertreter der CSU überrascht und entsetzt. Die Opposition im Bayerischen Landtag sprach dagegen von einem längst fälligen Schritt. Bundeskanzlerin Merkel äußerte sich erst am Nachmittag. Sie sei „wie viele Menschen im Land betrübt“ über Guttenbergs Rücktrittsgesuch, das sie schweren Herzens angenommen habe.
Merkels Glaubwürdigkeit ist mehr gefährdet denn je. Über einen Nachfolger liegen bislang keine gesicherten Erkenntnisse vor. Nie waren Aufstieg und Fall in der deutschen Politik so schnell und hoch, wie im Fall zu Guttenberg.
Der Rücktritt Guttenbergs dürfte nicht nur in der akademischen Welt für Erleichterung sorgen, sondern auch massiven Einfluss auf die bevorstehenden Landtagswahlen haben. Es gab aber nach dem Rücktritt auch Stimmen, etwa den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Mappus, die weiter auf Guttenberg setzen wollten. Mappus wollte den bislang beliebtesten Politiker des Landes in die Wahlkampf-Dunst-geschwängerten Bierzelte des Ländles einladen. Guttenberg hat inzwischen jedoch alle Wahlkampftermine absagen lassen.
Gegen die Strategie des weiteren Einsatzes des immer noch beliebten Politikers spricht auch der aus den Sozialwissenschaften bekannte Nachlaufeffekt. D.h. die Beliebtheit des Freiherrn in der Bevölkerung dürfte nun doch rasch abnehmen. Interessant wird in diesem Fall auch die Reaktion der Springer-Presse sein. Sie konnte z. B. durch die geplante Anzeigenkampagne der Bundeswehr wirtschaftlich bislang von Guttenberg profitieren. Möglicherweise ist es der Anfang vom Ende der Regierung Merkel/Westerwelle. Die politischen Weichen in Deutschland werden in jedem Fall neu gestellt werden müssen.
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Quousque tandem, Westerwelle?
Das Lied zur Meldung:
„Angst vorm Adel – der Song zur Guttenberg-Affäre“
http://www.youtube.com/watch?v=pJLSrjle53I