Es geht doch. München zeigt: Öffentlicher Personen Nahverkehr kann kostenlos sein. Und nicht nur das: Statt Kontrolleure setzt man hier jetzt auf Ordner die sich um die Sicherheit der zu Beföhrdernden kümmern. Durchsagen ermöglichen es auch Orientierungslosen sich noch ansatzweise zurechtzufinden. Reinigungskräfte sind Tag und Nacht im Einsatz um die Busse und Bahnen sauber zu halten. Ein Glanzstück. Natürlich ist bei einem solchen Angebot mit Überfüllung zu rechnen, aber für kostenlose Beförderung nimmt man das schon in Kauf. Außerdem sind die Straßen ja auch verstopft.
Gerade in Zeiten drohender Fahrverbote und dem ständigen Gerede von der Mobilitätswende lohnt es sich das Münchner Modell zu analysieren. Damit andere Städte dem Beispiel der Weltstadt mit Herz folgen können, hier jetzt also die Antwort auf die Frage: Wie bekommt eine kapitalistische Großstadt einen kostenlosen ÖPNV der sich um die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer kümmert?
1. Es braucht eine Masse. Am besten ist eine Masse über alle Maßen orientierungsloser Menschen, die theoretisch vor Gericht als schuldunfähig anzuerkennen sind.
2. Die Masse muss dennoch geschäftstüchtig sein und mit vollen Geldbeuteln kommen.
3. Die Massenveranstaltung muss als kulturell und traditionell wertvolles Ereignis anerkannt sein. Am einfachsten gelingt das, wenn Punkt 2, geschäftstüchtig und volle Geldbeutel, erfüllt ist.
Hier also die Handlungsanweisung für andere Städte:
Organisieren sie ein Großereignis, machen sie die Menschen sehr betrunken und knüpfen sie ihnen so viel Geld wie möglich ab.
Geld ist ein gutes Schmiermittel für die Verhandlungen mit der Stadt, vor allem wenn die Einzelhändler im Stadtgebiet auch davon profitieren. Letztlich liegt jedem Einzelhändler daran, dass Kunden ohne Impulskontrolle in den Laden kommen und konsumieren. Durch den gestiegenen Alkoholpegel ist auch das größte Problem des Einzelhandels der letzten Jahre behoben. Schließlich sind Betrunkene zumeist unfähig auf ihren Smartphones Preise zu vergleichen oder günstiger online zu bestellen. Alles gute Argumente für ausschweifende Alkoholexzesse in der Öffentlichkeit.
Die Stadt als Anbieterin des ÖPNV sieht dann ihren Auftrag in der reibungslosen Beförderung der Cash Cows, auch weil sie weiß, dass die eingenommenen Gelder über Steuern und Abgaben wieder zurückfließen und somit den ÖPNV finanzieren. Darüber hinaus ist das Risikopotential einer Fahrscheinkontrolle in einer mit hemmungslos Betrunkenen besetzten Bahn einfach zu hoch.
Daraus folgt letztlich: Wenn die Leute sich wehren und die geschäftstüchtige Öffentlichkeit dennoch ein Interesse an ihrer Beförderung hat, wird der ÖPNV kostenlos.
Kämpferisch kann man sich in diesem Zusammenhang an Mensch Meier von der alten Band Ton Steine Scherben erinnert fühlen…
Wir sind hier oben noch ganz dicht. – Der Spaß ist zu teuer von uns kriegste nüscht!
Und nachdem wir jetzt dieses ganze Beispiel durchexerziert haben, bleibt die Frage, warum nur in München, warum nur während des Oktoberfests?
Letztlich transportiert der ÖPNV ständig Cash Cows durch die Stadt. Menschen fahren zum Einkaufen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kaufen ein Ticket um dann ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Ein gut ausgebauter, flächendeckender und pünktlicher ÖPNV liegt also vor allem im Interesse der Gewerbetreibenden. Dementsprechend sollten sie auch den Großteil der Kosten schultern um dann von den Effekten zu profitieren.
Über eine spezielle, zweckgebundene Abgabe für den ÖPNV könnte so die Mobilitätswende gelingen. Ansonsten gelingt sie vielleicht nur von unten, wie bei Ton Steine Scherben, mit der großen Weigerung zu zahlen:
Ne, Ne, Ne, eher brennt die MVG!
(Link zum Song: Ton Steine Scherben – Mensch Meier)