Sewolho München präsentiert den Dokumentarfilm „Diving Bell“ über die Schiffskatastrophe der „Sewol“ Fähre vor Südkorea 2014. Zusätzlich wird es eine Podiumsdiskussion über Menschenrechtsverletzungen mit Amnesty International geben: Hans Buchner (Amnesty International Koordinator für Korea), PARK Minsu (Regisseur), Felix Lill (Journalist, berichtete als Auslandskorrespondent über die Katastrophe), BAEK Gayoon (Aktivistin aus Seoul, Koordinatorin für die „Coalition 4.16 of the Sewol Ferry Disaster“, einem Bündnis von betroffenen Familien, Verbänden, Initiativen und Privatpersonen. Die Diskussion wird moderiert von Simon Hauck, Filmjournalist und Programmer bei DOK.fest und Filmfest München.
Wegen der begrenzten Teilnehmer*innenzahl wird um Anmeldung bis Sonntag, den 10. Oktober 2015 gebeten: vivacinema@gmail.com, Information: 01575-2850198
Samstag, 24. Oktober 2015, 19:00 Uhr, EineWeltHaus München, Schwanthalerstr. 80
Pressemitteilung
Am 16. April 2014 sank die Fähre “Sewol” vor der Küste Südkoreas, eine Tragödie, die viele Koreaner/innen stark traumatisiert zurückließ. Der Simulation einer Universitätsstudie zufolge hätten alle Passagiere innerhalb von zehn Minuten gerettet werden können, doch aufgrund mehrerer Fehlentscheidungen der Besatzung, der Rettungskräfte und der Regierung ertranken 304 Menschen, die meisten davon Schulkinder, vor den Augen ihrer Familien.
Viele Fragen blieben bis heute unbeantwortet und es besteht Grund zur Annahme, dass die Regierung versucht, die wahren Hintergründe zu verschleiern. Seit dem Unglück demonstrieren die Angehörigen der Opfer wie auch viele Gleichgesinnte für eine unabhängige und transparente Untersuchung. Im Gegensatz dazu reagieren Polizei und Regierung mit Überwachung, brutaler Gewalt und Inhaftierung derjenigen, die eine lückenlose Aufklärung fordern. Es gab zahlreiche Protestkundgebungen in Korea wie auch in vielen Großstädten weltweit. So demonstrieren die dort lebenden Koreaner/innen in New York, Los Angeles, Paris, London, Sydney, Tokyo, ebenso wie in Berlin und München. Einige der Menschenrechtsaktivist/innen in Korea sind wegen der Organisation von Demonstrationen und einer Gedenkfeier zum Jahrestag des Unglücks derzeit inhaftiert.
Wir fordern die Aufklärung folgender Fragen:
* Rettungsarbeiten
- Warum lehnte die Küstenwache die Hilfe der Marine, der US Streitkräfte, vieler Berufstaucher und anderer Freiwilliger ab?
- Warum rettete die Küstenwache den Kapitän und die Besatzung zuerst, anstatt der Passagiere?
- Warum setzte die Küstenwache nicht das moderne Rettungsschiff „Tongyeong“ ein?
- Warum ordneten die Behörden den Einsatz eines privaten Tauchboots an, das erst nach drei Tagen eintraf, obwohl 22 andere Boote innerhalb von zwei Stunden zur Verfügung gestanden hätten?
* Die Regierung
- Warum berief die Präsidentin keinen Krisenstab ein und war sieben Stunden lang nicht zu erreichen?
- Warum verschwand der Kapitän für 22,5 Stunden und warum blieb er über Nacht im Haus eines Angehörigen der Küstenwache? Warum wurden die Aufnahmen der Sicherheitskameras dort in diesem Zeitraum gelöscht?
- Warum zweifelten viele Experten zunächst die Berichte der Regierung an und stehen nun nicht mehr für Interviews zur Verfügung? Wurden sie unter Druck gesetzt?
- Warum deckt sich der Untersuchungsbericht der Regierung nicht mit den Aufnahmen, die CNN zur Verfügung stehen?
- Warum veröffentlichte die Regierung nur die Daten des AIS (Automatic Identification System) und nicht die genaueren Radaraufzeichnungen?
- Warum weichen die AIS Daten und die Radaraufzeichnungen voneinander ab, und warum existieren zwei unterschiedliche Versionen der Radaraufzeichnungen?
- Warum war der NIS (National Intelligence Service) in das Personalwesen und in die Geschäfte der „Sewol“ involviert (den Daten eines aus dem Wrack geborgenen Laptops zufolge)?
- Warum gab es keine Untersuchung wegen Versicherungsbetruges, trotz zweier vorheriger Verdachtsfälle seitens der Versicherungsgesellschaft gegenüber der Reederei?
- Wer veröffentlichte die falsche Pressemitteilung, dass alle Passagiere gerettet wurden und verzögerte dadurch weitere Rettungseinsätze?
- Wer veröffentlichte die falsche Pressemitteilung, dass alle Passagiere gerettet wurden und verwirrte dadurch die gesamte Bevölkerung?
* Menschenrechtsverletzungen
- Warum werden die Familien der Opfer von der Polizei überwacht?
- Warum ging die Polizei gewaltsam gegen die Teilnehmer einer friedlichen Gedenkfeier zum Jahrestag des Unglücks vor und verhaftete mehr als 500 Demonstranten, darunter auch die Angehörigen der Opfer?
- Warum wurde der Menschenrechtsaktivist PARK Raegun für die Organisation friedlicher Demonstrationen verurteilt und inhaftiert?
- Warum ließ der neu ernannte Premierminister HWANG Gyoan einen Tag nach seinem Amtsantritt die Büroräume der Hilfsorganisation „coalition 4.16“ durchsuchen und deren Arbeitsmaterialien konfiszieren?
- Ein konservativer Fernsehsender zeigte einen gefälschten Beitrag über gewalttätige Demonstranten und schadeten so dem öffentlichen Image der Angehörigen der Opfer. Warum gab es nach dem Bekanntwerden dieses Skandals keine Konsequenzen?
- Warum stellt die Regierung keine medizinische oder finanzielle Unterstützung für die sieben freiwilligen Berufstaucher zur Verfügung, die nach ihrem Rettungseinsatz aufgrund der Dekompressionskrankheit ihre Tauchtauglichkeit verloren haben?
- Warum wurde ein Freiwilliger, der inoffiziell mit der Leitung der Taucheinsätze beauftragt wurde, wegen des tödlichen Tauchunfalls eines Helfers verurteilt, obwohl die offizielle Verantwortung auf die Regierungsbeamten entfällt?
* Verurteilung der Schuldigen
- Warum wurde lediglich der Kapitän eines Patrouillenbootes verurteilt, während die ranghöheren Entscheidungsträger der Küstenwache straffrei blieben?
- Warum wurde die auf vier Jahre angesetzte Haftstrafe des Kapitäns des Patrouillenbootes auf drei Jahre verkürzt?
- Warum wurden die 33 Schiffssicherheitsbeauftragten wieder angestellt, obwohl sie zuvor wegen gravierender Pflichtverletzungen verurteilt wurden?
- Warum konnten hochrangige Bedienstete der Küstenwache trotz nachweislicher öffentlicher Falschaussagen über die Rettungsarbeiten bislang der Strafverfolgung entgehen?