Klima-Terroristen, Taliban, Klimakleber – die Aktivist*innen der Letzten Generation werden mit allen möglichen Begriffen verunglimpft. Doch davon lassen sich die Klima-Bewegten meist nicht abhalten, weil sie sich als letzte Menschheits-Generation sehen, die noch gegen eine Klimakatastrophe aktiv werden kann. Viel Entschlossenheit ist also da, die Öffentlichkeit in ihrem Alltag zu stören und die Regierung zu wirksamen Handlungen für den Klimaschutz zu motivieren. Aktuell werden immer neue juristische Winkelzüge gewählt, um die Aktivist*innen von der Störung der öffentlichen Ordnung abzuhalten.
Ein Aktivist, der schon viele dieser Varianten am eigenen Leib erfahren hat, ist Wolfgang Metzeler-Kick, kurz Wolli. Er saß auf Grundlage des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes mehrfach über Wochen im sogenannten Präventivgewahrsam und schon häufig für unterschiedliche Klima-Aktionen vor Gericht. Jetzt ist er einer der Aktivist*innen, die in München von der neusten Idee zur Eindämmung der Klebe-Proteste betroffen sind. Für ihn gilt für die nächsten 3 Monate ein Mitführ-, Transport- und Benutzungsverbot von bestimmten Klebstoffen – kurz, er hat ein Sekundenkleber-Transportverbot erhalten – bei Androhung einer Strafe von 1000€. Doch das scheint ihn nicht sonderlich zu stören, denn als er heute bei uns im Studio war, hatte er wieder Sekundenkleber dabei. Wir haben nachgefragt: warum?
Soweit der Aktivist der Letzten Generation, Wolfgang Metzeler-Kick, kurz, Wolli. Er war heute Vormittag bei uns im Studio und hatte trotz der Zwangsgeld-Androhung durch das Kreisverwaltungsreferat München von 1000€ für den Transport von Sekundenkleber eben einen solchen dabei. Wir verstehen dieses Interview als wichtigen Beitrag zu einer Debatte, in der sehr häufig herablassend über Klima-Aktivist*innen gesprochen wird. Wir wollen die Menschen hinter den Schlagzeilen zu Wort kommen lassen, machen uns aber nicht mit ihren Ansichten zu Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gemein. Falls Sie sich durch die Prognosen zum Klimawandel emotional stark beeinträchtigt fühlen, die „Psychologists for Future“ haben unter www.psychologistsforfuture.org einige Tipps für diesen Fall zusammengestellt.
Wir haben auch dem Kreisverwaltungsreferat der Landeshauptstadt München einige Fragen zum erlassenen Mitführ-, Transport- und Benutzungsverbot von bestimmten Klebstoffen gegen einzelne Klimaaktivist*innen gestellt.
Auf die Frage der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, gegen die offensichtlich schon verstoßen wurde und gegen die auch weiterhin Verstöße angekündigt werden, erhielten wir folgende Antwort, die wir gekürzt wiedergeben:
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und bindet die gesamte Staatsgewalt. Daraus ergibt sich, dass alle behördlichen Verwaltungsakte verhältnismäßig sein müssen. Selbstverständlich gilt dies auch für die Anordnung des Mitführ- Transport- und Benutzungsverbots für Klebstoffe und der in diesem Zusammenhang ergangenen Zwangsgeldandrohung. Das Zwangsgeld ist das verhältnismäßige Zwangsmittel, da es im Vergleich mit den anderen im Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz genannten Zwangsmittel die am wenigsten belastende Maßnahme darstellt. Auch die Höhe des Zwangsgeldes ist verhältnismäßig, da vorliegend eine Gefährdung der Rechtsordnung und Gefahren für Menschen bestehen. Zudem würde ein niedrigeres Zwangsgeld den Betroffenen nicht dazu bewegen, die Anordnung einzuhalten. Eine Äußerung des Betroffenen, sich nicht an die Anordnung zu halten, kann zu keiner anderen Einschätzung führen. Würde eine solche Äußerung dazu führen, dass die behördliche Entscheidung unverhältnismäßig wird, wären belastende Verwaltungsakte in allen Rechtsbereichen aufgrund bloßer Wortmeldung des Betroffenen hinfällig. Das Zwangsgeld soll als Beugemittel den/die Betroffene/n auch mit ggf. erforderlichen Erhöhungen dazu verhältnismäßig anhalten, sich regelkonform zu verhalten. Die gesetzmäßig vorgegebene Reihenfolge der Zwangsmittel ist auszuschöpfen, beginnend mit dem Zwangsgeld.
Auch wollten wir wissen, wie das KVR die Höhe des Zwangsgeldes von 1000€ begründet. Die Antwort:
Die Höhe des Zwangsgeldes ergibt sich aus der zugrundeliegenden Gefahr und der Notwendigkeit, den Betroffenen dazu zu bewegen, die Anordnung einzuhalten.
Wir wollten außerdem wissen, wer an der Festlegung der Höhe des Zwangsgeldes beteiligt ist. Anwort:
Die Festlegung der Höhe des Zwangsgeldes erfolgt durch die Verwaltung im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens.
Und zuletzt noch die wichtigste Frage: Durch eine potentiell bald erfolgende Zahlungsunfähigkeit der von den Auflagen Betroffenen stellt sich die Frage, ob durch das sehr hoch angesetzte Zwangsgeld eine Ersatz-Zwangshaftstrafe erwirkt werden soll? Ist dem so?
Hierzu gab es die kürzeste Antwort: Nein
Wir prüfen aktuell eine Veröffentlichung des Bescheids zum Sekundenkleber-Transportverbot an dieser Stelle.
Die Stadt München kann sich statt dessen für wirkungsvollen Klimaschutz einsetzen. Aber wenn es unbedingt ein Sekundenklebertransportverbot sein soll, warum dann nur für 7 Leute? https://www.openpetition.de/petition/online/wir-fordern-muenchen-auf-sekundenklebertransportverbote-fuer-alle