Die Diktatur des Monetariats
Eine Sendereihe von und mit Buchautor Ulrich Seibert
Sendung am Mittwoch, 19.11.2025 um 21:00 Uhr.
Wiederholungen: Do., 20.11., 06:00 Uhr und 15:00 Uhr (DAB+ und Livestream), Sa., 22.11., 20:00 Uhr und So., 23.11. um 11:00 Uhr (beide nur im Livestream)
By design or by desaster – eine Wirtschaft ohne Wachstum lässt sich nicht abwenden.
So steht es beispielsweise in dem Buch „Was Sie da vorhaben, wäre ja eine Revolution …“, das ein Streitgespräch zwischen dem Postwachstumsökonomen Prof. Dr. Niko Paech und dem SPD-Recken Erhard Eppler wiedergibt. Und in der Tat waren alle westlichen, demokratischen Regierungen seit dem Zweiten Weltkrieg bemüht, sich mit der Formel „Wohlstand durch Wachstum“ zu legitimieren. Doch dieses stete Wachstum hat den Planeten oder die Menschheit oder ihre Lebensgrundlagen – je nach Perspektive – an seine Grenzen gebracht. Wir haben das Klima radikal verändert, wir haben mit unserem Ressourcenraubbau die Umwelt für unser kurzfristiges Wohlstandsstreben in großem Maßstab geschädigt oder stellenweise gleich ganz zerstört, unseren Müll haben wir im Ozean oder im globalen Süden „entsorgt“ und letztlich ein Artensterben ausgelöst, das der Planet so noch nicht gesehen hat. Die Lebensgrundlagen der Menschen sind nicht mehr länger garantiert. Anders formuliert: Die Menschheit sägt mit unglaublichem Tempo an dem Ast, auf dem sie sitzt; die Konsequenz ist – und das ist seit 60 Jahren auch wissenschaftlich untermauert – unausweichlich – und wir haben keinen Plan B.
Warum, dann, reagiert die Menschheit nicht und hört endlich auf damit, auf ihrem destruktiven Pfad weiterzumarschieren?
Dies ist eine der Fragen, die Prof. Dr. Niko Paech, der Begründer der Postwachstumsökonomie in Deutschland, in dieser Sendung beantworten wird.

Er spricht auch darüber, warum es unmöglich ist, wachsenden Wohlstand von Umweltschäden zu entkoppeln und welche Konsequenzen das für die Entscheidungen politischer Instanzen mit sich bringt. Wenn Wachstum das Problem ist, dann liegt konsequenterweise im Schrumpfen („degrowth“) die Lösung. Doch das bedeutet eine Reduktion von Konsum und das wiederum wird von sehr vielen Menschen als eine Verschlechterung ihrer Lebensqualität und ihrer persönlichen gesellschaftlichen Stellung angesehen – obwohl das nicht so sein wird. Wie ein Leben, das dem einer Postwachstumsgesellschaft stark ähnelt, aussieht, haben die Älteren von uns bereits in ihrer Kindheit und Jugend erfahren, als die meisten Familien noch kein Auto hatten, Flugreisen unerschwinglich waren, es nur einmal pro Woche Fleisch gab, man Kleidung oder Möbel solange nutzte, bis sie unrettbar kaputtgingen und es kein Internet und keine digitalen Medien gab. Doch würden diese Älteren ihre eigene Jugend deshalb als eine „unglückliche“ bezeichnen?
Paech beschreibt unter anderem auch das Konzept der Postwachstumsökonomie, das im wesentlichen auf fünf Säulen beruht:
- Suffizienz
Befreiung von „dekadentem Luxus“, Entrümpelung des eigenen Lebens - Eigenproduktion
Verbrauchsgegenstände selbst herstellen, sie reparieren und pflegen und sich den Gebrauch gemeinschaftlich teilen; das müsste einhergehen mit einer Reduktion der Erwerbs-Arbeitszeit, damit einerseits Zeit und Muße für das Selbermachen bleibt und andererseits Vollbeschäftigung erreicht werden kann - Eine dynamische Regionalökonomie,
ausgerichtet auf die Verlängerung der Nutzungsdauer von Gebrauchsgegenständen, auf Verleihsysteme (Carsharing oder Verleih von Lastenfahrrädern), Energiegenossenschaften - Rest-Industrie zur nachhaltigen Befriedigung der verbleibenden Bedürfnisse
Hierbei wäre auf Energie-Effizienz abzustellen, damit der Energiebedarf aus erneuerbaren Energien gedeckt werden kann - Setzung der politischen Rahmenbedingungen
– institutionelle Reform? (z.B. Genossenschaften statt Kapitalgesellschaften)
– Steuergesetze
– Reform der Geldwirtschaft
– Stellenwert von Bildung und Forschung
Der Weg in die Postwachstumsgesellschaft wird von der Politik nicht vorgegeben werden. Wenn wir Wert auf Demokratie legen, müssen wir uns bewusstmachen, dass die Politik gesellschaftliche Entwicklungen niemals vorgibt, sondern ihnen lediglich folgt. Die Verantwortung für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen liegt somit … ganz allein bei uns selbst.
Einige Bücher, die in der Sendung erwähnt werden:
- Niko Paech, Erhard Eppler: Was Sie da vorhaben, wäre ja eine Revolution
- Niko Paech: Befreiung vom Überfluss
- Manfred Folkers, Niko Paech: All You Need is Less
- Yanis Varoufakis: Another Now – momentan nicht auf Deutsch erhältlich
- Rosa Wolff: Arm, aber bio! Ein Selbstversuch