Am Grenzzaun von Melilla wurden Ende Juni mindestens 37 Menschen getötet und Dutzende verletzt. Zum Großteil aus dem Sudan geflohen, hatten sie in der spanischen Exklave einen Asylantrag stellen wollen. Die Tragödie ist die Konsequenz der Migrationspolitik im spanisch-marokkanischen Grenzraum.
Es ist nicht der erste Zwischenfall in der Region. Es dokumentiert auch die Zusammenarbeit der spanischen Polizei mit den marokkanischen Sicherheitskräften.
Flüchtlinge, die spanischen Boden betreten, haben ein Recht auf ein Asylverfahren und die Prüfung ihrer Asylgründe. Tausendfach fängt die spanische Guardia Civil jedoch Menschen auf spanischem Territorium ab, bringt sie gewaltsam zum Zaun zurück und übergibt sie der marokkanischen Polizei.
Es ist dies ein Ausdruck mannigfaltiger Konflikte: der eigentlich noch immer schwelende koloniale Konflikt, der faschistische Putsch, der von den spanichen Exklaven ausging, die Push-Back-Politik der Europäischen Union und der Deal zwischen den USA, der EU, Israel, zugunsten Marokkos und zu Lasten der Bevölkerung in der Westsahara.
Alexander Kern ist Soziologe und promoviert am Frankfurter Institut für Sozialforschung. Er forscht am Fall von Melilla zur sozial-strukturellen und symbolischen Produktion und Reproduktion gesellschaftlicher Ungleichheit.